Archiv - 1999 Edition Junge Kunst, Haus am Waldsee
2009 "Komfort" Meinblau, Berlin
Künstlerinnen:
Andrea Böning, Cisca Bogman, Ulli Grötz, Beatrix Grohmann, Anja Helbing, Sonja Hohenbild, Anna Jakupovic, Astrid Schneider, Franziska Vollborn
Detailinfos des Veranstalters:
Komfort ist etwas, das den Künstlerinnen dieser Ausstellung oft verwehrt wird.
Statt Fingernägel zu pflegen, brechen diese. statt die Teints schimmern zu lassen, arbeiten sie in weiten Hallen und der Staub legt sich auf ihre Haut. All diese Künstlerinnen sind - um ihr Leben und ihre Kunst finanzieren zu können – beim Ausstellungsaufbau tätig. Bekannte Ausstellungen wie die z.B. documenta, die berlin bienale oder die Flick collection wären ohne die Damen nicht das, was sie waren. Über den Ausstellungsaufbau hinaus stellten die Künstlerinnen fest, dass sie viel mehr gemeinsam haben als Wände zu ziehen, Löcher zu bohren, Bilder zu hängen_ ihre eigene Kunst. Und so entstand der Entschluss, eine Ausstellung ihrer eigenen Werke zu gestalten und gemeinsam die Themen zwischen Kunst, Arbeit und Frau sein zu illustrieren.
Am Eingang erwartet den Besucher eine Arbeit von Anna Jakupovic. Auf kleinen Holztäfelchen sind die Arbeitsausweise der hier ausstellenden Künstlerinnen gemalt. Forsch schauen die Frauen aus den Ausweisen heraus. Man liest die großen Namen ... dann die Funktion: Technik.
Cisca Bogman behauptet in ihren Arbeiten NICHTS IST ECHT, ALLES IST UNECHT, um dann einzuschränken ob nicht doch NICHTS UNECHT IST und ALLES ECHT. Sie ist ein Bilderjunkie und sammelt über Jahre Bildmaterial aus dem WorldWideWeb. Sie macht sie sich zu Eigen. Manipuliert sie und gibt Ihnen eine zweite Chance. Sie lässt sie aufs Neue eine Geschichte erzählen, diesmal ihre eigene Geschichte. Somit werden sie zu einer täuschend echten Fälschung, ausgestattet mit einer neuen Echtheit, die genau so falsch sein kann wie das ursprüngliche Foto.
Astrid Schneider zeigt Zeichnungen, auf denen mit durchgehenden Linien eine Plastizität beschrieben wird; die dieses im Dreidimensionalen fortsetzt, ergänzt durch eine Fotoserie in schwarz/weiss.
Beatrix Grohmann nimmt sich mit dem Deckengewölbe etwas vor, was bisher noch kein Künstler im Meinblau wagte. Dort entsteht ein temporäres Wandgemälde, eine konsequente Weiterführung ihrer Arbeiten, die sich intensiv mit dem Raum beschäftigen.
Arbeiterin? Feministin? Künstlerin? Wie?, westdeutsche Rassistin? In diesem Spannungsfeld stolpert
Sonja Hohenbild in einer digitalen Diashow unter dem Titel: War Weary Warriors durch Geschichte und Gegenwart auf der Suche nach den weiblichen Wurzeln unserer postkolonialen Gesellschaft und den Widerstandskämpferinnen dagegen.
Vom Boden des Meinblaus aus wird Franziska Vollborn einen Schlund aus rohem Ton bauen. Dieser wird bis zur Galerie des Ausstellungsraums hinauf reichen und gibt durch die kleine, obere Öffnung einen wagen Einblick in die dunkle Tiefe. Bereitliegende Wunderkerzen können gezündet werden und durch den Einwurf in den Schlund die Dunkelheit kurze Zeit erhellen. Der durch nichts gestützte Schlund wird seinem Trocknungsprozess und den Folgen des Zerfalls überlassen. Das Ergebnis ist offen.
Im kommenden Jahr soll diese Schau in weiteren Städten unter Einbeziehung von Gästen aus der jeweiligen Kunstszene fortgesetzt werden.